Wichtige Drucktechniken: die Lithografie Teil 2
Wir beschäftigen uns im Rahmen unserer verlegerischen Tätigkeit auch theoretisch mit den klassischen Drucktechniken. In unserem Blog bringen wir Beiträge über Lithografie, Siebdruck, Radierung und andere handwerkliche Techniken der Druckkunst. Einfach zusammengefasst und auch für Laien gut verständlich.
Auf den Stein und zu Papier bringen
Das gewünschte Motiv wird von der Künstlerin mit fetthaltiger Litho-Tusche oder -Kreide auf die circa 5 bis 10 cm dicke Kalksteinplatte seitenverkehrt aufgezeichnet. Die Tusche besteht aus Wachs, Fett, Seife und Ruß. In manchen Fällen wird eine Schablone verwendet, um das gewünschte Motiv zu übertragen.
Hier zeichnet die Künstlerin Andrea Bischof eine der drei Farben des Motiv ihrer Grafik „Loop“ mit Lithografie-Tusche auf den Stein.
Für jede Farbe ein Stein
Soll eine Farblithografie entstehen, so muss für jede Farbe ein eigener Stein vorbereitet werden. Bei einem Dreifarben-Druck beispielsweise sind drei Steine und für jedes fertige Blatt drei Druckvorgänge notwendig, die in genauer Abstimmung das fertige Bild ergeben. Dafür wird auf jeden Stein nur jener Teil des Motivs gezeichnet, der die jeweilige Farbe bekommen soll. Um im Druck ein genaues Übereinanderliegen der Motivteile zu erreichen, werden exakte Markierungen an den Steinen angebracht.
Von der Künstlerin vorbereitete Steine.
So sieht die fertige Lithografie aus: “Loop”, Lithografie in drei Farben von Andrea Bischof für art in print.
Gabriele Schöne bereitet zwei Steine für ihre Lithografie in zwei Farben mit dem Titel “Mittwochabend”. Beim linken Stein wurde mithilfe einer Schablone jene Bereiche ausgespart, die beim Druckvorgang keine Farbe aufnehmen sollen.
Salpetersäure und Gummiarabicum
Ist die Tusche getrocknet, wird der Stein zum Schutz mit Talkumstaub eingerieben. Anschließend wird die Oberfläche geätzt. Eine Mischung aus verdünnter Salpetersäure und Gummiarabikum-Lösung verschließt die Poren des Steines und stabilisiert die Fettzeichnung. Mit einem fetthaltigen Lösungsmittel wie Terpentin wird die Litho-Kreide oder -Tusche wieder aus dem Stein „gewaschen“. An den Stellen, wo sich keine Zeichnung befindet, dringt die Flüssigkeit in die Poren des Steines ein. Die Stellen, die mit dem Gummiarabikum überzogen sind stoßen die fette Druckfarbe ab. So bleibt beim Aufwalzen der Druckfarbe die Farbe nur an den mit Tusche gezeichneten Linien haften.
Auf’s Papier bringen
Das Mischen der Druckfarbe und die genaue Abstimmung der Druckfarben wird von der Künstlerin gemeinsam mit dem Steindrucker in mehreren Probedrucken so lange getestet, bis die Farbe passt.
Farbmischen und auf’s Papier bringen
Das Mischen der Druckfarbe und die genaue Abstimmung der Druckfarben wird von der Künstlerin gemeinsam mit dem Steindrucker in mehreren Probedrucken so lange getestet, bis die Farbe passt.
Anschließend wird gedruckt. Im künstlerischen Bereich wird heute mit der Handpresse gedruckt. Die Druckpresse von Rudi Hörschläger in der Werkstatt Uferstöckl in Wallsee / Niederösterreich ist eine alte gusseiserne Handpresse aus Leipzig. Der Rahmen der Handpresse besteht aus schwerem Gusseisen, in dem sich ein Karren und eine Walze befinden, mit denen der Stein vor- und zurückbewegt werden kann.
Das befeuchtete Druckpapier wird auf den vorbereiteten Stein gelegt, mit einer Zulage, dem sogenannten Pressspan (oder -deckel) abgedeckt und auf dem Schlitten der Druckpresse unter dem “Reiber” hindurchgefahren. Der “Reiber” wird über einen langen Hebel mit hohem Druck auf den Stein aufgesetzt. Durch den Druck überträgt sich die Farbe vom Stein auf das Papier. Der Steindrucker braucht viel Erfahrung und Feingefühl um den richtigen Druck für das jeweilige Kunstwerk zu finden.
So entstehen im Handabzug Originallithografien.
Links der erste Farbabzug der Lithografie “Mittwochabend” von Gabriele Schöne, rechts der zweite, finale Farbabzug mit beiden Farben.
Wertvolle Handarbeit
Das Besondere an einer Lithografie ist, dass die Kunstwerke in kleinen Auflagen im Handabzug aus einer Originalzeichnung der Künstlerin oder des Künstlers produziert werden.
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war die Lithografie die bevorzugte Drucktechnik für diverse farbige Drucksachen wie Plakate und Handzettel. Nach und nach wurde sie durch den Offsetdruck ersetzt, weshalb die Lithografie als Vorgängerin des Offsetdrucks gilt. Heute wird nur noch im künstlerischen Bereich lithografiert. Hier ist sie allerdings nicht wegzudenken, da bei diesem Verfahren die Zeichnung ohne einen weiteren Zwischenschritt von der Künstlerin oder vom Künstler selbst auf die Steinplatte angebracht wird und die künstlerische Handschrift erhalten bleibt.
Erfahren Sie in unserem 1. Teil des Beitrags mehr über Geschichte und Geografie der Lithografie.
Text und Recherche: Nandita Reisinger-Chowdhury von art in print